Ein Kaufhauskunde, der von den Waren geradezu erotisch angezogen wird, ein Tennisspieler im Morgenrock und ein Businessman, der die Badezimmerarmaturen seines Hotelzimmers abschraubt – nur eine kleine Auswahl an Protagonisten, die Peter Dressler vor der Kamera mimte. Dem 2013 verstorbenen Fotografen ist erstmalig in Österreich im Kunst Haus Wien eine Retrospektive gewidmet. Zu sehen sind neben jenen späten performativen Arbeiten, frühe dokumentarische Werke sowie „Sonderfahrt“ – ein Episodenfilm, den der als akademischer Maler ausgebildete und über 30 Jahre an der Angewandten als Assistenzprofessor tätige Künstler, in den Jahren 1975 bis 1978 gemeinsam mit dem fotorealistischen Künstler Franz Zadrazil verwirklichte. Über zehn Jahre waren die atmosphärischen Bilder nicht mehr über eine Leinwand geflimmert. Sie wirken, wie die meisten von Dresslers Arbeiten, wie Aufnahmen, die beim harmlosen Flanieren entstanden sind, und sind doch vom künstlerischen Eingriff geprägt.
Wo ist „Burschi“
Obwohl „Sonderfahrt“ der einzige Film des Künstlers ist, sind filmische Einflüsse in den Werken Dresslers spürbar. Als eine Art filmisches Standbild bezeichnete er seine Tableaus – ein Systemgefüge (wie er sie auch nannte) aus diversen Einzelbildern, die zusammen auf einer Fläche zum neuen Kunstwerk arrangiert, eine Geschichte erzählen. Im Gegensatz zum Film, wo die „Bilder davonlaufen“, ist in diesen fotografischen Serien „eine konzentrierte und damit dauerhaftere Beschäftigung des Betrachters mit den szenischen Abläufen möglich“, so Dressler in einer Rede anlässlich des „Overseas Photographer Award“ 2011.
Bereits in seinem Tableau „Exterieur“ von 1975 ist oben in der Mitte ein kleiner Hund zu sehen. Das Tier sollte Dressler ausgedruckt und zum 3D-Papiermodell umfunktioniert noch viele Jahre begleiten. Als „Burschi“ taucht der Papphund immer wieder in den diversen Fotografien Dresslers und damit auch an diversen Ecken und Enden der Ausstellung immer wieder auf. „Burschi“ als Kunstliebhaber in sämtlichen hochkarätigen Museen der Welt, „Burschi“ vor einer Schauvitrine mit Tapiren im Wiener Naturhistorischen Museum oder im Tigerkostüm, einsam in einem Hotelkorridor. „Burschi wird zum pfiffigen Serienhelden, dessen tragikomisches Erscheinen in absurden Konstellationen durchaus existenzialistisch grundiert ist“, so die Kuratoren der Ausstellung (Christine Frisinghelli vom Verein Camera Austria, Michael Mauracher und Rainer Iglar vom Fotohof Salzburg, der den Nachlass Dresslers verwaltet), die das Projekt mit einem Jahr Vorbereitungszeit stemmten.
Auf der Suche nach Schönheit bei der „Vienna Art Week“
Eröffnet wurde die Schau im Rahmen der Vienna Art Week, die noch bis 20. November mit einer Reihe von Veranstaltungen aufwartet: vom „Open Studio Day“ am 19. November, bei dem 70 Künstlerinnen und Künstler für Besucher die Ateliertüren öffnen, über geführte Touren in diverse Galerien bis hin zum „Family Art Day“ am Sonntag, bei dem bekannte Wiener Museen spezielle Führungen für Kinder und Jugendliche anbieten. Mit dabei heuer u.a. das Kunsthistorische Museum, das eine Familienführung unter dem Motto „Die Schöne und das Biest“ anbietet. Passend zum diesjährigen Motto, das „Seeking Beauty“ lautet und sich mit diversen Begriffen und Konzepten zum Thema Schönheit auseinandersetzt.
Schönes lässt sich auch in der Ausstellung zu Peter Dressler finden. Etwa in seinen poetischen Paris-Aufnahmen – eine Hommage an den von ihm bewunderten französischen Fotografen Brassaï, der wie Dressler im rumänischen Kronstadt geboren wurde. Die Schönheit der Melancholie, des Unfertigen, des Verfalls steckt in den frühen dokumentarischen Fotografien Dresslers über das Wiental. Aber auch seine performativen Serien strahlen ob ihrer seltsamen Verfremdung des Alltäglichen eine geheimnisvolle Ästhetik aus, der und das scheint allen Bildern Dresslers gemein zu sein, ein tiefgründiger Witz innewohnt. Letzteres ein Grund dem Kunst Haus Wien einen Besuch abzustatten um zu staunen, schmunzeln oder auch bloß den Hund suchen.
Vienna Art Week
14. bis 20. November 2016
http://2016.viennaartweek.at/de
Peter Dressler – Wiener Gold
16. November 2016 bis 5. März 2017
KUNST HAUS WIEN. Museum Hundertwasser
Untere Weißgerberstraße 13, 1030 Wien
Öffnungszeiten: täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr
http://www.kunsthauswien.co
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